Selbstklärungskette

Selbstklärungskette

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Die Selbstklärungskette ist ein Diagnosetool zur Erhellung und Transformation intrapsychischer dysfunktionaler Muster. Anzuwenden bei Belastungs- und Konflikterleben (z.B. innere und äußere Konflikte, belastende Gefühle, Verwirrung, Überforderung u.a.)  

Setting:

Einzeln, 1:1

Ziel:

Innere Klarheit und einen neuen Blick auf seine inneren Abläufe gewinnen, der neue Handlungs- und Lösungsoptionen eröffnet.

Benötigtes Material:

Mehrere Zettel, Metaplan-Karten und Stift oder eine digitale Anwendung. Es gibt hierzu eine Webanwendung, die man kostenlos und ohne Registrierung direkt ausprobieren kann.

Beschreibung:

Schritt 1: Wähle dein Thema
Um das Tool erfolgreich anzuwenden, wähle ein konkretes Thema oder eine fokussierte Fragestellung. Zum Beispiel könntest du einen inneren Konflikt haben, der dich belastet, und du möchtest verstehen, was in dir vorgeht. Eine andere Situation könnte sein, dass du Schwierigkeiten hast, eine Entscheidung in einer Richtungsfrage zu treffen und dies ändern möchtest. Was auch immer dein Anliegen ist, nimm dir bitte einen Moment Zeit, um dich an eine reale Schlüsselsituation zu erinnern, die dein Thema ausreichend repräsentiert.

Schritt 2: Erkunde und notiere deine Gedanken und dazugehörigen Gefühle
Nach Gunther Schmidt (Schmidt 2018) kann dein inneres Erleben als ein Netzwerk aus spezifischen Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und anderen Elementen betrachtet werden. Das bedeutet, dass ein Gedanke selten allein kommt, genauso wie ein Gefühl. Tauche nun in dein Thema und die entsprechende Schlüsselsituation ein und erkunde dein persönliches Erlebnisnetzwerk. Es kann hilfreich sein, dich vollständig in die Schlüsselsituation hineinzuversetzen und den inneren Film „abzuspielen“.

Wenn du dich nun in dein Thema oder deine Schlüsselsituation vollständig einfühlen kannst:
1. Welche innere Stimme meldet sich zuerst bei dir?
2. Mit welchem Gefühl ist diese Stimme verbunden?
3. Auf welche Weise spricht diese Stimme (laut, leise, fordernd, klagend, verärgert usw.)?

Notiere diese Botschaft zusammen mit dem dazugehörigen Gefühl oder Attribut auf einer Karte. Du musst die entsprechenden Körperempfindungen nicht notieren, es reicht aus, wenn du dich daran erinnerst. Selbst einfache Botschaften wie „Ich lasse mir das nicht bieten!“ sind völlig ausreichend. Das damit verbundene Gefühl könnte in diesem Fall beispielsweise „Ärger“ oder „Empörung“ sein. Schreibe also auf die Karte: „Ich lasse mir das nicht bieten! (Ärger)“. Wichtig dabei ist, es nicht zu kompliziert zu machen. „Halte es kurz und einfach“. Arbeite mit dem, was kommt.

4. Welche Stimme meldet sich als nächstes?
Notiere den nächsten Gedanken auf einer weiteren Karte – wieder in Form eines einfachen Satzes mit dem dazugehörigen Gefühl oder der entsprechenden Qualität. Mache dies so lange, bis du ungefähr sechs bis acht Botschaften zusammen mit den dazugehörigen Gefühlen gefunden hast oder bis du den Eindruck hast, dass alle relevanten Botschaften für diese Situation identifiziert wurden. Mache dir an dieser Stelle noch keine Gedanken über die Reihenfolge oder die „Richtigkeit“ der Botschaften. Entscheidend ist die Frage: Spielt die jeweilige Botschaft in Bezug auf diese Situation eine Rolle? Wenn ja, notiere sie.


Schritt 3: Ordne deine Karten
Nimm nun die Karten mit den Botschaften und lege sie vor dich auf den Tisch oder den Boden. Schaue sie dir an und überlege, ob es eine bestimmte Reihenfolge gibt, in der die Botschaften auftauchen oder sich entwickeln. Oftmals kannst du intuitiv erkennen, welche Karte zuerst kam, welche danach und so weiter. Wenn du dir nicht sicher bist, lege die Karten einfach in die Reihenfolge, die sich für dich am stimmigsten anfühlt. Vielleicht hilft es Dir auch weiter, Deine Botschaften den Kategorien ‚Inneres Erleben‘ und ‚Reaktion‘ zuzuordnen. Ein triviales Beispiel aus unserer Lebenswelt soll dies verdeutlichen: Die Empfindung von ‚Hunger‘ könnte man dem Bereich ‚inneres Erleben‘ zuordnen, ‚ungeduldige Aggressivität‘ (‚Ich brauch jetzt ganz schnell was zu essen!‘) hingegen dem Bereich ‚Reaktion auf inneres Erleben‘. Die ‚ungeduldige Aggressivität‘ ist also eine Reaktion auf den Hunger und hat die Funktion, diesen abzustellen. Natürlich sind die inneren Abläufe unserer Psyche in komplizierten Situationen differenzierter und subtiler. Trotzdem lässt sich das beschriebene Grundmuster oft auch darin beobachten.

Schritt 4: Überlege, was du von den einzelnen Botschaften gelernt hast
Nimm nun jede Karte einzeln in die Hand und überlege, was du von der jeweiligen Botschaft gelernt hast. Welche wichtigen Informationen oder Erkenntnisse stecken darin? Schreibe diese Erkenntnisse auf der Rückseite der jeweiligen Karte auf. Manchmal wird sich die Bedeutung einer Botschaft erst im Verlauf des Prozesses erschließen, also kein Problem, wenn dir nicht sofort etwas dazu einfällt.

Schritt 5: Reflektiere über die gesamte Ablaufkette der Botschaften
Wenn du alle Karten mit ihren entsprechenden Erkenntnissen versehen hast, betrachte die Reihenfolge der Botschaften noch einmal im Ganzen. Gibt es eine bestimmte Logik oder Dynamik, die sich daraus ergibt? Vielleicht erkennst du Muster oder Zusammenhänge, die dir vorher nicht bewusst waren. Nimm dir Zeit, um dies zu reflektieren und aufzuschreiben.


Schritt 6: Integriere und nutze deine Erkenntnisse
Die Informationen und Erkenntnisse, die du durch diesen Prozess gewonnen hast, können dir helfen, dein Thema besser zu verstehen und neue Perspektiven zu gewinnen. Überlege, wie du diese Erkenntnisse nutzen kannst, um Veränderungen herbeizuführen oder neue Handlungsmöglichkeiten zu entdecken. Möglicherweise eröffnen sich dir auch neue Fragen oder Bereiche, die du weiter erkunden möchtest.
Hilfreiche Fragen hierfür könnten sein:

–  An welchen Stellen meiner ‚Ist-Kette‘ würde ich gerne anders ‚abbiegen‘ bzw innerlich anders reagieren wollen?‘
–  Wie genau sähe das aus?  Was würde ich stattdessen denken, fühlen und empfinden?
–  Was hätte das für Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der neuen ‚Soll-Ablaufkette‘? Was würde ich stattdessen denken, fühlen und empfinden?

Eingereicht von:

Christoph Zill

Urheber:

Christoph Zill

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