Müssen wir den Coaching-Begriff schützen?

Es gibt unzählige Coaching-Angebote auf dem Markt. Doch nicht hinter jedem/r Coach steckt ein Coaching-Ansatz, den wir als Systemiker:innen vertreten. Als Systemisches Netzwerk haben wir uns seit kurzem einer Gemeinschaft auf Initiative von Dr. Christopher Rauen angeschlossen, die sich dafür einsetzt, den Coaching Begriff zu schützen. Beim Systemischen Club-Abend im April sind wir in das Gespräch zur Frage „Müssen wir den Coaching-Begriff schützen?“ eingestiegen. Schlussendlich haben wir uns jedoch vor allem der Frage gewidmet, was (systemisches) Coaching ist und was nicht und wie wir unsere potenziellen Klient:innen vor unseriösen Angeboten schützen können.

Fragen, die am Abend im Fokus standen

• Was verstehen wir unter Coaching und was nicht?
• Was sind die Besonderheiten eines Systemischen Coachings?
• Wie können potenzielle Klient:innen über Angebote auf dem Markt aufgeklärt werden?
• Braucht es einen Schutz des Begriffs „Coaching“?

Ethischer Rahmen für Coaching

Als Ergebnis des Systemischen Club-Abends konnten wir in der Nachbereitung Grundlagen eines ethischen Rahmens für Systemisches Coaching entwickeln. Dieser muss bei weitem nicht vollständig sein, sondern darf herzlich gern von unserer Systemischen Community ergänzt werden. Er soll vor allem als Handlungsleitlinie für Systemische Berater:innen, Systemische Coaches, Therapeut:innen und Organisationsentwickler:innen interpretiert werden.

Was ist Coaching?

Coaching ist eine professionelle Dienstleistung, die darauf abzielt, Individuen und Gruppen zu unterstützen, eigene Lösungen für ihre Herausforderungen zu finden und ihre Ziele zu erreichen. Es ist kein Raum für vorgefertigte Lösungen oder Ratschläge des Coaches. Stattdessen ist der/die Coach eine Begleitung im Prozess der Selbstfindung des/der Klient:in.

Definition der Teilnehmenden des Systemischen Clubs, April 2024

Grundwerte und Prinzipien

Die Ethik im Coaching basiert für uns auf mehreren Kernwerten und daraus abgeleiteten Prinzipien:

• Autonomie des/der Klient:in: Der/Die Coachee ist Expert:in seines/ihres eigenen Lebens. Coaching fördert dessen/deren Fähigkeit zur Selbsthilfe und unterstützt bei der Selbstreflexion, ohne die Verantwortung für die Lösungsfindung zu übernehmen.
• Nichtwissende Haltung des Coaches/der Coach: Der/Die Coach tritt nicht als allwissender Meister auf, sondern als Impulsgeber:in, der/die den/die Klient:in dabei unterstützt, eigene Antworten zu finden.
• Transparenz und Vertraulichkeit: Ein offener, ehrlicher und diskreter Umgang schafft einen sicheren Raum, in dem der/die Klient:in frei sprechen und agieren kann.
• Neutralität und Wertschätzung: Coaches bewahren eine neutrale, wertschätzende Haltung und vermeiden jegliche Form der Bewertung und Manipulation.

Kommunikation und Abgrenzung Psychotherapie

Eine klare und wertschätzende Kommunikation ist essenziell. Coaches sollten stets die Grenze zur Psychotherapie beachten und keine Heilversprechen aussprechen. Coaching ist keine Behandlung psychologischer Krankheiten und sollte sich klar von therapeutischen Interventionen abgrenzen.

Authentizität und Verantwortung

Coaches sind angehalten, authentisch und selbstbewusst aufzutreten und gleichzeitig das Bewusstsein zu schärfen, dass jeder seine eigene „innere Landkarte“ hat. Es gibt keine Erfolgsgarantien im Coaching, und die Verantwortung für die Ergebnisse liegt beim/bei der Klient:in.

Resümee

Coaching folgt einem ethischen Rahmen, der die Selbstbestimmung und Entwicklung des Klienten fördert. Ein Coach ist weder ein:e Problemlöser:in noch ein:e Heiler:in, sondern ein professionelle Begleitung auf dem Weg zur Selbstfindung und Selbstverwirklichung des/der Klient:in.

Was wir aus dem Club-Abend besonders hervorheben möchten, ist, dass wir – ganz gleich, ob es irgendwann einen Begriffs-Schutz für Coaching geben wird – Verantwortung für die Aufklärung unserer potentiellen Klient:innen übernehmen wollen, so dass jede:r einzelne in der Lage ist, zu entscheiden, welches Begleitangebot für das jeweilige Anliegen das passende ist. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, welche Unterschiede es hier gibt, so dass sie nicht zwischen seriösen und nicht-seriösen Angeboten auf dem Beratungs-, Coaching- und Therapiemarkt unterscheiden können. Gern möchten wir an dieser Stelle auf unser Unterstützungsangebot qualifizierter systemischer Fachkräfte verweisen: Beratung-Coaching-Therapie

Mitgliedschaft im Systemischen Netzwerk

Vielen Dank an unsere Gäste für Eure Beiträge und den Austausch zum Thema. Wenn ihr Euch miteinander vernetzen mögt, ruft dazu gern in unserer LinkedIn-Gruppe „Systemischer Club“ oder im Community-Bereich unseres Netzwerks auf.

Konntest du dieses Mal nicht mit dabei sein und bist an der Aufzeichnung des Club-Abends interessiert, werde Mitglied in unserem Systemischen Netzwerk. Unsere aktuellen Events findest du auf Eventbrite. Wir freuen uns schon jetzt darauf, Dich bald (wieder) bei einer unserer Veranstaltungen begrüßen zu können.

Welche Werte und Prinzipien sollten wir in unserem Ethik-Rahmen unbedingt ergänzen? Kommentiere gern direkt unter dem Beitrag. Bei Fragen sende uns jederzeit gern eine Nachricht.

Sandra Brauer

Systemische Beraterin (dgsf-zertifiziert), Stressmanagement-Trainerin und Prozessbegleiterin in der digitalen Transformation | Schwerpunkte: Digitale Balance und digitale Resilienz | Gründerin des Online-Magazins „Systemisches Netzwerk“

Mit ihren Angeboten (Workshops, Begleitung, Coachings, Vorträge) möchte Sandra zum Perspektivwechsel einladen, vor allem Mut machen neue Pfade zu erkunden und zuversichtlich in Richtung Zukunft zu blicken. Sandra unterstützt Menschen und Organisationen dabei, mehr Gelassenheit und Widerstandsfähigkeit im Umgang mit Veränderungen zu entwickeln.

sandrabrauer.de/