Rezension: Innere Fesseln lösen – befreit führen

Rezension: Innere Fesseln lösen – befreit führen

rezension systemisches netzwerk

Auf einem Blick

Es folgt die Rezension des Buches „Innere Fesseln lösen – befreit führen | Führungspotenziale entwickeln“, welches 2022 im Schäfer, Poeschel Verlag erschien.

Autor: Dr. Steffen Elbert

Zielgruppe: Führungskräfte, die sich mit ehrlichem Blick auf ihr Gewordensein weiterentwickeln wollen

Innere Fesseln lösen – befreit führen von Steffen Elbert

Kommentierte Inhaltsangabe

Elbert bringt in diesem Buch drei große Themenbereiche zusammen. Er verbindet die systemische Organisationstheorie und den traumatologisch-therapeutischen Ansatz und denkt deren Grundideen auf Führungskräfteentwicklung hin. Das Besondere daran ist, dass damit ein Thema aus dem gut geschützten und sehr exklusiven Therapiezimmer herausgeholt und in einer Form präsentiert wird, die diese wertvollen Erkenntnisse auch für jene salonfähig macht, die sich primär mit der leistungsorientierten Organisationswelt identifizieren und mit den Folgen von Traumatisierung Leistungseinbußen oder Arbeitsunfähigkeit assoziieren.  

Führungsmodell der systemischen Organisationstheorie

Aufbauend auf dieser Grundlage stellt der Autor anschaulich das Führungsmodell der systemischen Organisationstheorie dar. Er beginnt bei Luhmanns Organisationsverständnis, leitet daraus die Grundaufgaben von Führung in sozialen Organisationen ab, bringt einen Überblick zu klassischen Führungskompetenzen und führt Beziehungsgestaltung als eine Kernkompetenz und die Erweiterung zum zuvor gezeigten Kanon der Kompetenzen ein. Es folgt die Betrachtung der Wurzeln dessen, was in uns allen als potenzielle Führungskompetenzen angelegt ist. Elbert sieht diese Ursprünge in unseren ersten, den frühkindlichen Bindungs- und Beziehungserfahrungen im Herkunftssystem – unserer Kernfamilie.

Verhaltensmuster in Führung und Traumafolgen

In dem ersten der beiden Kernkapitel öffnet der Autor die angekündigte Büchse der Pandorra. In einer spannenden Reihung stellt er viele Verhaltensmuster in Führungsaufgaben vor, die man aus psychologischer Sicht als Traumafolgen bezeichnen könnte.

Hier führt Elbert eine Erklärung eines Psychotraumas ins Feld und beschreibt modellhaft vor allem frühkindliche traumatische Erfahrungen und mögliche Entwicklungstraumaquellen, die er auf dem Trauma-Spektrum einordnet. Zudem bietet er ein Verständnis entsprechend konsekutiver Überlebensstrategien an. Sie erscheinen wie Bojen auf der Wasseroberfläche, die einen Hinweis geben auf die daran befestigten Verbindungen und die initialen Gewichte, die sich oft weit tief im Wasser auf unsichtbaren Ebenen befinden.

Strategien erlernen, um die inneren Fesseln zu lösen

Nach dieser intensiven Bekanntmachung mit traumatologischen Ansätzen und intrapsychischen Vorgängen, die ihren Weg an die Denk- und Verhaltensoberfläche suchen, lädt die Lektüre nun dazu ein, Strategien zu lernen, um die inneren Fesseln zu lösen. Anhängend erweitert Elbert die Möglichkeit, sich dem Feld der Traumatisierung mit Perspektiven alternativer Entstehungsmodelle zu nähern und beschreibt das Ego-State-Modell, jenes der Strukturierten Dissoziation, das Modell innerer Familiensysteme und die Polyvagaltheorie sowie einem Ausblick in die weitere Trauma-Modell-Landschaft.

Das Buch endet mit der Erinnerung an die positive Auswirkung, die das bewusste Lockern der inneren Fesseln für die eigene Führungsexzellenz haben kann und benennt Beziehungsqualität, Persönliche Reifung, Selbstkenntnis, Resilienz und größeren Organisationserfolg.

Hilfestellung auf dem Weg zur individuellen Führungsexzellenz

Dieses Buch soll eine effektive Hilfestellung bieten auf dem Weg zur individuellen Führungsexzellenz. Dabei wird die systemische Haltung des Autors deutlich, der Skeptikern die einlädt, sich zur Weiterentwicklung ihrer Führungsexzellenz auf diese neue, womöglich zunächst befremdlich erscheinende Perspektive einzulassen. Dabei erscheint dieses Werk insgesamt wie ein Pionierstück, dass Erkenntnisse aus zwei sehr verschiedenen Fachbereichen zusammenbringt.

In den ersten Erfahrungen werden die wichtigsten Wertemuster und Verhaltensleitlinien entwickelt, die sich auch bei noch so reichhaltiger Personalentwicklung, Training und Coaching, in Situationen des Performancedrucks durchsetzen. Geschlagen wird hier die Brücke zum klassisch psychologischen Stressverständnis und frühkindlichen Vorbildern sowie prägenden Ersterfahrungen in eigenen Führungsfunktionen.

Trauma-Überlebensstrategien als natürliche Entwicklung

Trotz aller Personalentwicklungsmaßnahmen scheint sich eine gewünschte Veränderung im Kanon des eigenen Führungsverhaltens durch kognitives Avisieren nicht immer wirklich effektiv erreichen. An diesem Punkt setzt Elbert mit seinem innovativen Bild der Inneren Fesseln an und bringt den Lesenden Trauma-Überlebensstrategien als natürliche Entwicklung und weit weg von klinischer Pathologie vor.

Bei nahezu allen Menschen ende die logische Weiterführung der Verhaltensweise ohne Ausstieg jedoch in der völligen Erschöpfung der persönlichen Ressourcen, depressiven Phasen oder konfliktgeprägten Arbeitsbeziehungen und Mitarbeitenden, die demotiviert sind und aufgrund der entstehenden Dynamik recht zuverlässig unter ihren Leistungsmöglichkeiten bleiben. Von der gebremsten Weiterentwicklung der Gesamtorganisation für eine nachhaltige Zukunftsfähigkeit einmal ganz zu schweigen.

Überlebensstrategien – Verhaltensweisen mit gutem schützenden Wert

Den Lesenden wird eine Differenzierung und Einordnung der Muster in die Anerkennung ihrer situativen Nützlichkeit und Effektivität und die problematische Schwelle nicht vorenthalten. Elbert benennt diese Kognitions- und Verhaltensmuster dann als Innere Fesseln mit unwillkürlicher Dynamik. Er führt gestützt von Beispielen verschiedene Modelle der aktuellen Traumatologie ein und gibt der lesenden Führungskraft damit die Möglichkeit an die Hand, ein Grundverständnis für die Auswirkungen eigener Kindheitserlebnisse auf das heutige Verhalten und Gleiches womöglich sogar für Menschen im Arbeitsumfeld zu entwickeln. Dabei bezieht er eine Position der Entstigmatisierung, die Traumafolgen aus der Ecke dramatischer Pathologien heraushebt, gesteht den sogenannten Überlebensstrategien ihren guten schützenden Wert zu und lenkt den Blick an verschiedenen Stellen auf die Vielfalt von Fähigkeiten und Kompetenzen, die sich aus traumatischen Erfahrungen für eine erfolgreiche Lebens- und Karrieregestaltung entwickeln können.

Im Weiteren werden Ansätze zu einem zunehmend bewussten Umgang mit den Inneren Fesseln gezeigt. Dabei scheint es von hohem Wert, sich eine professionell ausgebildete Begleitung für diesen Prozess zu suchen und diese nach gut beschriebenen Kriterien auszuwählen. Neben dem Hinweis auf die Individualität von Auflösungsprozessen, beschreibt Steffen Elbert einen möglichen Anhang, der dem noch fachfremden Lesenden einen guten Eindruck von der Behutsamkeit und zugleich der Hoffnung und berechtigten Zuversicht verschafft, die er oder sie mit der Entscheidung für einen solchen Entwicklungsprozess entwickeln kann. 

Die Botschaft, die Elbert zeichnet:

Es ist anstrengend und vielleicht ungewohnt, aber es lohnt sich langfristig!

Steffen Elbert, Innere Fesseln lösen – befreit führen

Über weite Strecken wird das Verständnis der theoretisch eingeführten Ideen durch praxisnahe Transferbeschreibungen gestützt. So beschreibt der Autor den inneren Drang, die am Abend kurz vor dem Feierabend grob gestreiften E-Mails im Postfach, die laut Betreff alle auch am nächsten Tag bearbeitet werden könnten, doch noch am gleichen Tag zu bearbeiten, wodurch sich die Feierabendzeit nach hinten verschiebt.

Als hilfreiches Tool wird der aufmerksamen Lesenden die Emotionsampel als Übung vorgestellt, die Führungskräfte für sich nutzen können, um die eigenen Emotionen und Verhaltensweisen als situationsgemäß oder irrational und situativ mittel bis hochgradig unangemessen einzustufen. Je unangemessener, desto eher ist nach dieser Logik hier ein Hinweis auf eine Spur zu einer Inneren Fessel zu finden.

Im Detail

Informationsdichte 4/4 Punkten

Insgesamt habe ich einen großen Respekt vor dem Vorhaben in diesem Buch und konnte – mit einigem fachlichen Vorwissen als Psychologin u.a. mit Arbeits- und Organisationsschwerpunkt – den hier präsentierten Ausführungen mit Leichtigkeit und Lesefreude folgen.

Gleichsam zeigt die Darstellung der Inhalte die in meinen Augen angemessene Ernsthaftigkeit und Fundierung mit Erkenntnissen aus dem aktuellen Fachdiskurs.

Im Lesefluss erscheinen Wortkonstruktionen und Inhalte manchmal redundant. Bei der Dichte der Inhalte muss das einem angeregten Lesefluss aber nicht schaden.

Die Aufbereitung der psychotraumatologischen Erkenntnisse und ihre handhabbare Darstellung überzeugen mich. Zugleich hätte ich mir einen deutlicheren Fokus auf die Unterscheidung von willkürlichen und unwillkürlichen Prozessen des Nervensystems und damit einen größeren Fokus auf die neurophysiologische Ebene des Stressverhaltens gewünscht.

Die gewählte Informationsdichte bewerte ich mit vier Punkten, gemessen an einer Zielgruppe, deren Lektürewunsch ich mit kondensierter Information, fachlich fundiert, leicht lesbar und verständlich, gut greifbar und in die eigene Arbeitsrealität zu übertragen, assoziiere.

Visuelle Aufbereitung/Gestaltung 3/4 Punkten

Das Buch erscheint broschiert in einem matten Cover in dunkelblauen Grundton. Der Titel in weiß – insgesamt ein elegant-dynamisches Erscheinungsbild.

Das Werk enthält insgesamt wenig Abbildungen. Wenn, dann sind sie in schwarz-weiß abgedruckt. Die Schriftgröße ist durch den größeren Zeilenabstand gut lesbar. Exkurse und andere Einlassungen sind durch einen hellgrauen Seitenstreifen markiert, was die Lesbarkeit und Möglichkeit zur inneren Strukturierung unterstützt.

Für die Aufbereitung und Gestaltung gebe ich insgesamt 3 Punkte, da ich mir zur Darstellung der Informationsdichte (bspw. der vielen verschiedenen Inneren Fesseln – Handlungsmuster) noch mehr und lebendigere Abbildungen gewünscht hätte. Ein Farbdruck wäre dieser Lebendigkeit womöglich sehr zuträglich.

Struktur 3/4 Punkten

Elbert führt die Lesenden zunächst behutsam und empathisch an den roten Faden des Buches heran. Aus systemischer Perspektive lenkt er die Aufmerksamkeit zur Antwort auf die Frage nach der “idealen Führungskraft” auf den Kontext, den organisationalen und den persönlich-biographischen, in den alle redliche motivierte Aktivität, einzelne fachliche und technische Führungskompetenzen zu skalieren, eingebunden ist. Der Autor sucht keine direkte Ansprache, sondern bemüht in unterschiedlicher Form ein kollektivierendes „wir“, in dem man eine Einladung verstehen kann, sich mit dem Autor „auf derselben Seite“ zu befinden. Zu Beginn des fünften Kapitels wird erneut verdeutlicht, das vorliegende Buch sei ein Ratgeber für Führungskräfte, kein Lehrbuch für Coaches oder andere helfend arbeitende, allerdings wirkt es, als würden gerade diese zwischenzeitlich angesprochen.

Grundsätzlich kann ich der Gliederung des Buches gut folgen. Nach einer Einführung und der Verhaltensbetrachtung folgt der Tauchgang in unsichtbare Gefilde des Eisbergs der Trauma-Entstehung, worauf das Bemühen folgt, der aufmerksamen und reflektierenden Lesenden, die hier in intensive Selbstbegegnung gekommen ist, Werkzeuge an die Hand zu geben, die einen bewussten Umgang mit den unwillkürlich laufenden Prozessen ermöglichen.

Die Kapitel können durchaus einzeln angesteuert werden und sind alle in sich so eingeführt und abgerundet, dass der Lesefluss gut gesteuert und im Gesamtwerk orientiert erscheint. Die Kopplung des vierten und fünften Kapitels als direkt aufeinander referierende Buchteile steht jedoch deutlich heraus. Beide sind mehrfach unterteilt, was ein gezieltes Ansteuern von Zwischenüberschriften erleichtert.

Für die Struktur des Buches vergebe ich 3 Punkte, da ich mich zwar gut durch die Ausführungen geführt gefühlt habe, mir die Gliederung bis in die vierte und fünfte Ebene für einen ersten Zugang zu dieser komplexen Thematik allerdings einer wissenschaftlichen Arbeit äußerlich zu nah ist, tritt sie sprachlich-inhaltlich doch eher wie eine populärwissenschaftliche Veröffentlichung in Erscheinung.

Verständlichkeit 4/4 Punkten

Die gewählte Sprache empfinde ich als alltagsnah und zugleich professionell. Der Autor bringt der interessierten Lesenden theoretische Inhalte in leichter Frische nahe. Manche Übergänge hätten noch lebendiger gestaltet sein können. Dem Autor gelingt jedoch eine Balance zwischen Bildungssprachlichkeit und Manager-Vokabular.

Für mich als informierte Fachperson erscheint die Dichte an Fachtermini als angemessen. Quellen von in der Fachwelt feststehenden Begriffen sind angegeben und zugleich finden diese im Haupttext notwendige Erläuterung. Ein Glossar hätte diese etwas breit wirkenden Einlassungen filtern und zu einer Raffung beitragen können.

Einzig bei der Verwendung der Begrifflichkeiten der Inneren Fesseln und Überlebensstrategien konnte ich dem Autor an verschiedenen Stellen nicht mehr folgen, ob es diese synonym versteht. Denn die „inneren Fesseln“ sind aus fachlicher Sicht sicher eher als Metapher denn als feststehender Begriff und die unterliegenden Prozesse als Traumafolgen zu bezeichnen. Hier hätte ich mir dem fachfremden, aber beruflich gereiften Lesenden gegenüber eine deutlichere Klarheit gewünscht.

Theoretische Beschreibungen werden an vielen Stellen mit Beispielen konkretisiert und in Verbindung mit täglichen Führungs-Herausforderungen in der Arbeitswelt gebracht.

Für die Verständlichkeit gebe ich vier Punkte. Abseits der Feinheit von fachlichen oder nicht-fachlichen Begrifflichkeiten dienen die verwendeten Sprachbilder in meinen Augen durchaus hilfreich einem ersten Verständnis der intrapsychischen Prozesse, die in Folge traumatisierender Erfahrungen das alltägliche Führungsverhalten beeinflussen können.

Eignung/Nutzen

Um diesem Buch zu folgen, braucht man in meinen Augen kein spezifisches Vorwissen. Die Organisationsumgebung und typische Führungssituationen sollten dem Lesenden nicht jenseits des Bekannten liegen.

In den Einführungsabsätzen des Buches wird an mehreren Stellen darauf aufmerksam gemacht, dass es sich primär an Führungskräfte wendet. Schon im Vorhaben des Werkes wird für Fachleute deutlich, dass es nur sinnvoll ist, auch den Privatmenschen hinter der Arbeits-Rolle „Führungskraft“ zu sehen. In meinen Augen nimmt sich das Werk mit der eigenen ausgeschriebenen Limitation die Möglichkeit, seine Inhalte in aller Offenheit einem breiteren Publikum anzubieten.

Aus meiner Sicht ist dies ein ungemein hilfreiches Werk für alle, die mit Menschen im Organisationskontext arbeiten: für Coaches, Beratende, Mitarbeitende, die sich auf Führungsaufgaben vorbereiten möchten und insbesondere in der internen Personaldiagnostik und -entwicklung Arbeitende. Gerade für die Führungskräfteentwicklung kann dieser Blick, der über klassische Entwicklungsmodelle hinaus geht, einen großen Mehrwert für die strategische Personalplanung und die Steuerung von Entwicklungs-Ressourcen haben. Traumatherapie und Trauma-Fachberatung könnten neben altbewährtem Coaching als eine ungemein wertvolle und effektive Intervention für die Entwicklung einer Führungskarriere in den Horizont denkbarer geförderter Angebote rücken.

Führungskräften legt sich dieses Buch als leichtfüßiges Nachschlagewerk nach einer erstmals flüssigen und ganzheitlichen Lektüre ans Herz. Die darin beschriebenen Inhalte sind für das Verständnis, ein Wiederkennen im eigenen Handeln, der dafür notwendigen Selbstbeobachtung, Selbstreflexion, Ehrlichkeit zu sich selbst, zu dicht als dass ich mir vorstellen kann, dass sich dieser Ratgeber „einfach so“ in optimiertes Verhalten übersetzt. Wie Steffen Elbert in meinen Augen richtig beschreibt, sind die dem Verhalten unterliegenden Antreiber und Glaubenssätze von enormer Stabilität und nicht durch ein einfaches Lesen umzuschreiben. Die Veränderung derart grundsätzlicher Muster – die zumeist hoch funktional und daher unwillkürlich ablaufen, braucht Zeit, Geduld und viel Übung.

Elbert beackert hier ein großes inhaltliches Feld in beachtlicher Weite. In einer ersten Perspektive kann dies einen guten Einstieg in die weitere Beschäftigung bedeuten.

Relevanz 4/4 Punkten

In meinen Augen trifft dieses Buch den Puls der Zeit. Allerorten werden Rufe nach einer humanisierten Betrachtung der Arbeitswelt laut. Krankenstände aufgrund psychischer Erkrankungen sind höher denn je und die Betrachtung des Menschen hinter der Funktion ist en vogue – „healing ist das neue high“ etc.

Unsicher bin ich mir bei dem Gedanken an die Zielrichtung, mit der der Autor eingangs für die Lektüre des Buches wirbt. Er stellt einen Ratgeber für die eigene Führungsexzellenz in Aussicht. Diese Perspektive passt zu einem linearen Entwicklungsdenken in der Leistungsgesellschaft. Aus systemischer Entwicklungsperspektive, die von Iterationen geprägt ist, würde ich diese Stimmigkeit anfragen.

Dieses Buch verbindet Modelle aus der Psychotraumatologie mit einer Vorstellung von Traumafolgen, die als Innere Fesseln im Führungsverhalten beschrieben werden. Diese thematische Kombination erscheint mir aber selten, wenn überhaupt in dieser Weise bereits verfügbar.

Hier wird eine Kanonerweiterung für alle abrufbar, die Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung von Menschen in der Arbeitswelt – insbesondere in Führungspositionen – legen.

Das Außergewöhnliche ist in meinen Augen die Fokussierung von Traumafolgen und deren Heilungsprozesse auf die verhältnismäßig kleine Zielgruppe von Führungskräften. Zudem erscheint der Weg, diese Fesseln zu erkennen und sie zu lockern hier auch in Kontexten möglich, die sich nicht direkt im Gesundheitssystem oder anderweitig mit einem Heilauftrag verstehen. Aus psychologisch-fachlicher Perspektive würde ich vermuten, Elbert wirbt für Traumasensibilität und Traumapädagogik innerhalb der Arbeitswelt und verortet auch dort mögliche Handlungsräume für Lösungsprozesse.

Die Lektüre ist sicherlich gewinnbringend für jene Führungskräfte, die sich in ihrer Entwicklung noch einmal neu selbst begegnen und neue Spuren der eigenen Weiterentwicklung finden möchten. Es eröffnet Perspektiven, die für eine innere Stimmigkeit und Gelassenheit, die für eine bewusste Steuerung des eigenen (Führungs-)Handelns ungemein wertvoll sind. Da die von Elbert beschriebenen intrapsychischen Prozesse in vielen von uns Menschen ablaufen, hat dieses Werk in meinen Augen eine enorm hohe gesellschaftliche und organisationale Relevanz. Dafür gebe ich also vier Punkte.

Dankeschön

Vielen Dank, liebe Katharina, dass du Dir die Zeit für eine so umfangreiche Rezension genommen hast. Und lieben Dank an unseren Kollegen Dr. Steffen Elbert, der uns ein kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

Link zum Verlag (freiwillige, unbeauftragte Werbung).

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