Rezension: Systemische palliative Psychotherapie von Sandra Burgstaller

Rezension: Systemische palliative Psychotherapie von Sandra Burgstaller

rezension systemisches netzwerk

Auf einem Blick

Katrin Zinkel rezensierte für uns das Buch „Systemische palliative Psychotherapie„, erschienen im Jahr 2023 im Carl-Auer-Verlag.

Autorin: Sandra Burgstaller

Zielgruppe: Psychotherapeut:innen; Menschen, die systemisch in der Hospizbewegung arbeiten

Katrin Zinkel schreibt: „Ich empfinde das Buch als eine hervorragende Anleitung, als systemisch arbeitende Psychotherapeut:in mit Sterbenden zu arbeiten. Ich denke, es kann auch die systemische Arbeit als Coach gewinnbringend unterstützen. Palliative Care beginnt mit der Feststellung, dass die diagnostizierte Krankheit zum Tode führen wird. Bei vielen Menschen ist danach noch Zeit, um wirklich auch therapeutisch arbeiten zu können. Das Buch ist insofern sehr relevant, weil es in einem großem Teil, die Lesenden erst einmal in das Thema Palliativ Care einführt. Ein Thema, dass viele Therapeut:innen nicht kennen bzw. in dem viele Therapeut:innen noch nicht gearbeitet haben.“

Systemische palliative Psychotherapie von Sandra Burgstaller

Kommentierte Inhaltsangabe

Sandra Burgstaller beschreibt für Lesende, die sich neu mit dem Feld der Palliativbegleitung beschäftigen. Sie gibt einen sehr weiten und detaillierten Einblick in das, was wir als Palliative Care bezeichnen. Sie setzt sich dabei reflexiv mit den Themen Sterben und Tod auseinander, was meines Erachtens die nötige Basis ist, um mit sterbenden Menschen arbeiten zu können.

Die Autorin greift die Übergangsprozesse in der Theorie auf und verarbeitet diese Grundlagen weiter in der Transition im Palliativbereich. Im vierten großen Teil des Buches geht die Autorin auf den Therapieprozess einer Patientin ein und untermauert die Theorie so mit der Beschreibung ihres persönlichen Therapieprozesses. Etwas weniger ausführlich, aber nicht weniger informativ sind die folgenden drei beschriebenen Therapieprozesse.

Conclusio und kritische Betrachtung schließen zwar das Buch ab, jedoch sind es die Gedichte und die Reflektionsfragen am Ende des Buches, die es zu einem Ganzen abrunden. Das Buch soll als Praxisleitfaden dienen und diesen Anspruch erfüllt es. Es wird intensiv darauf eingegangen, dass Menschen, die sich in palliativer Betreuung befinden, sich eben nicht selbst für diese Situation entschieden haben, sie meist keinerlei Einfluss auf ihre Erkrankung haben. Die Meinung der Autorin, dies immer mit im Kopf zu haben, teile ich. Beispiele sind Teil des Buches und daher hier nicht kurz zusammenfassbar. Sehr praktisch und leicht anwendbar ist zum Beispiel der Fragebogen zurt Gestaltung eines Trauerrituals am Ende des Buches im reflexiven Teil.

Eine persönliche Anmerkung: Tod und Trauer in unserer Gesellschaft

Kritisch sehe ich, und das nicht im Bezug auf dieses Buch, die eventuell unzureichende Grundausbildung von Therapeut:innen und Coaches, was die Themen Sterben und Trauer betreffen. Allein dieses Buch ist eine wunderbare Erklärung, wie und warum systemische Therapie in der Palliativsituation sinnvoll sein kann. Es vermittelt hierbei eine leicht verständliche Möglichkeit, wie man beides verbinden kann. Jedoch sehe ich eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Trauer in unserer Gesellschaft als zwingend notwendig Basis, um mit sterbenden Menschen förderlich zusammenarbeiten zu können. Diesen Menschen läuft buchstäblich die Zeit davon und sollten daher nur mit Menschen zusammenarbeiten dürfen, die sich sicher und schnell reaktiv in den betreffenden Feldern bewegen. Bei der hohen Anzahl an onkologischen Erkrankungen ist sicher auch hier ein Basiswissen von Vorteil.

Im Detail

Informationsdichte 4/4

Die Leser:innen werden weitreichend in das Thema Palliative Begleitung eingeführt. Gerade der erste Teil des Buches Systemische palliative Psychotherapie befasst sich mit grundlegendem Wissen, das meiner Meinung nach als Basis vorhanden sein muss, um mit sterbenden Menschen angemessen arbeiten zu können. Hier taucht die Autorin in das aktuelle Wissen ein und gibt einen guten Überblick. Die Autorin vermeidet Wiederholungen, wo sie zu Langatmigkeit führen würden und setzt diese, wenn sie wichtig sind. Da es nicht vorauszusetzen ist, dass sich die Leser:innen mit dem Thema Sterben und dem Thema Palliative Begleitung im Vorfeld auseinandergesetzt haben, stellt sie mit den Wiederholungen eher sicher, dass die grundlegenden Dinge nicht vergessen werden.

Neben der Wiederholung elementarer Punkte die Sterbebegleitung betreffend, fehlt mir aber doch der deutliche Hinweis darauf, dass es immens wichtig ist, sich selbst erst mit dem Sterben auseinanderzusetzen, bevor man mit sterbenden Menschen arbeitet. Im Gegensatz zu allen anderen Belastungen, die uns Menschen treffen können, wird das Sterben uns allen zuteil. In meinen Augen muss das Menschen, die palliativ arbeiten absolut klar sein. Hierzu hätte ich mir etwas mehr Nachdruck gewünscht.

Die Informationsdichte trägt sich in einem gleichbleibenden Niveau durch das ganze Buch. Es überfordert nicht und es langweilt nicht. Die Autorin setzt ein bestimmtes Maß an Vorbildung voraus und holt die Lesenden damit auch passend ab.

Visuelle Aufbereitung/ Gestaltung: 4/4 Punkte

Das Buch spiegelt in Gänze ein Fachbuch wider. Das klare rote Design von Cover und Inhalt und das Layout unterstützen so haptisch und visuell den fachlichen Charakter des Buchs. Kleine Zeichnungen sprechen auch den visuellen Kanal beim Lesen an. Schriftgröße und Aufbau der Seiten sind für mich einladend und gut lesbar. Am Ende des Buches finden sich exemplarische Übungen, die sich sowohl für die Lesenden als auch für deren Arbeit mit ihren Klient:innen sehr gut eignen, sich den schweren Themen Abschied und Tod zu nähern ohne zu überfordern.

Struktur 4/4 Punkte

Das Buch baut nach einer detaillierten Einführung in das Thema Sterben gut auf diese Basis auf. Die Informationen und Erklärungen stehen das ganze Buch über in einem passenden Zusammenhang. Sie führen so die Lesenden behutsam in die Arbeit mit Sterbenden ein, auch indem sie von der allgemein gehaltenen Information am Anfang – was bedeutet Sterben in der Gesellschaft, welche Entwicklungen gibt und gab es – hin zur ganz konkreten Anwendung bei einzelnen Menschen führt. Persönliche Beispiele helfen, die systemische Arbeit in dieser herausfordernden Situation, in Anwendung zu verstehen.

Verständlichkeit 4/4 Punkte

Die Sprache ist fachlich und angemessen. Sie ist gut verständlich und setzt systemisches Vorwissen voraus. Trotz der Schwere des Themas bleibt die Sprache auch in den persönlichen Beispielen fachlich gut verständlich und professionell. Trotz Voraussetzung von systemischer Erfahrung, bleibt die Sprache auch für Laien verständlich und man muss sich nicht durch einen Wald von Fachtermini kämpfen.

Eignung/Nutzen

Relevant ist dieses Buch nicht nur für Therapeut:innen, die systemisch mit sterbenden Menschen arbeiten, sondern auch für Fachpersonal aus anderen Professionen. Ärzt:innen und Pflegepersonal mit systemischer Vorbildung, ebenso ehrenamtliche Mitarbeitende können in diesem Buch hilfreiche Ansätze finden, die sie in ihre tägliche Arbeit einfließen lassen. Da in der palliativen Betreuung sehr viele Gespräche mit Betreuenden und Begleitenden geführt werden, können diese Menschen für ihr Feld passendes Wissen aus diesem Buch mitnehmen. 

Relevanz 4/4

Das Buch trifft den Puls der Zeit, denn wir alle werden sterben. „Systemische palliative Psychotherapie“ hilft dabei, Menschen am Ende ihres Lebens passend zu begleiten und gibt diesen Menschen eine Stimme. Ich möchte dieses Buch allen Menschen, die im Umfeld der palliativen Betreuung arbeiten, ans Herz legen. Dieses Buch erweitert die kommunikativen Möglichkeiten und zeigt deutlich auf, dass es auch mit dem Ende des Lebens vor Augen immer noch einen großen Sinn hat, systemisch, lösungs- und vor allem ressourcenorientiert zu arbeiten. 

Link zum Verlag (freiwillige, unbeauftragte Werbung).

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